Im Vorfeld der Anhörung des Rechtsausschusses des Bundestags zur Forderung der Union nach Wiedereinführung einer verdachtslosen, flächendeckenden Internet-Vorratsspeicherung hat der Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung folgenden Brief an die Ausschussmitglieder versandt.
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Über
IP-Adressen, die Forderung der Bundesinnenministerin und ihre gesellschaftlichen Auswirkungen
Eine
neue Vorratsdatenspeicherung? Nachdem der Europäische Gerichtshof die von CDU/CSU und SPD in Deutschland eingeführte Vorratsdatenspeicherung aller Telefon-, Handy- und Internetverbindungsdaten (inklusive SMS-Verbindungen und Handy-Standortdaten) im September 2022 für grundrechtswidrig erklärt hat, betätigen sich insbesondere Unionspolitiker und die SPD-Bundesinnenministerin Faeser in einer Kampagne, um mit zum Teil haarsträubenden oder populistischen Scheinargumenten die Neuauflage einer solchen Vorratsdatenspeicherung zu erzwingen. Unter Verstoß gegen die Vereinbarung im Koalitionsvertrag, dass Daten „anlassbezogen und durch richterlichen Beschluss gespeichert werden“ sollen, fordert die Bundesinnenministerin:
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Über 20 zivilgesellschaftliche Organisationen wie Datenschutz- und
Berufsverbände warnen heute in einem Brief an die Ampel-Koalition, die
von Bundesinnenministerin Faeser (SPD) geforderte Vorratsspeicherung von
Internetadressen (IP-Adressen) wäre zum Schutz von Kindern ungeeignet
und ein schwerer Eingriff in Grundrechte, weil IP-Adressen zur
umfassenden Nachverfolgung der von einem Internetnutzer besuchten
Internetseiten und infolgedessen seiner Online-Aktivität genutzt werden
können. Es drohten das Ende der Anonymität im Internet und unzumutbare
Folgen etwa für Opfer von Gewalt- oder Sexualdelikten sowie
Presseinformanten.
Morgen wird der EU-Gerichtshof mit einem Grundsatzurteil entscheiden
inwieweit das deutsche Gesetz zur Vorratsdatenspeicherung mit EU-Recht
vereinbar ist. Eine generelle IP-Vorratsdatenspeicherung ist
europarechtlich nicht verboten, wird jedoch vom Koalitionsvertrag abgelehnt.
Mit dem Offenen Brief wendet sich der Arbeitskreis gegen
Vorratsdatenspeicherung (AK Vorrat) gemeinsam mit 26
Nichtregierungsorganisationen und Expert:innen an Innenministerin
Faeser, Justizminister Buschmann, Familienministerin Paus sowie an
Bundesvorsitzende von SPD, Grüne und FDP. Zu den Erstunterzeichnenden
gehören unter anderem die Deutsche Aidshilfe, die Deutsche Vereinigung
für Datenschutz, der Deutsche Fachjournalisten-Verband, die
Humanistische Union, das Komitee für Grundrechte und Demokratie, die
Neue Richtervereinigung, Reporter ohne Grenzen und der Republikanischer
Anwältinnen- und Anwälteverein.
Aktuell herrscht beim Thema Vorratsdatenspeicherung Streit in der Ampel.
Innenministerin Faeser will an dem Konzept einer anlasslosen
Massenspeicherung von Kommunikationsdaten festhalten, während FDP und
Grüne die anlasslose Vorratsdatenspeicherung abschaffen wollen. Ein
Entwurf für eine neues deutsches Gesetz wird bereits zeitnah erwartet.
Der Offene Brief im Wortlaut:
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Die im Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung zusammengeschlossenen
Bürgerrechtler, Datenschützer und Internetnutzer weisen Versuche der SPD
zurück, eine Vorratsspeicherung von Internetverbindungsdaten mit dem
Vorgehen gegen Kinderpornografie zu rechtfertigen. Wörtlich heißt es in
dem heute versandten Schreiben an die Parteivorsitzenden der
Ampelparteien:
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This is what you can do to help stop the indiscriminate collection of information regarding our communications: |
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The EU data retention directive aims at enabling the retracing of who contacted whom via telephone, mobile phone or e-mail for a period of 6 to 24 months. In the case of mobile calls or text messages via mobile phone, the user's location is also to be logged.
The data that is collected about the entire population allows our movements to be traced, any calls or communications with personal and business contacts to be monitored and removes privacy in our personal relationships. Information regarding the content of communications can be deduced relating to personal interests and the individual life circumstances of the persons communicating. Access to the data is granted to the police, public prosecutors, secret services and foreign states which hope for better prosecution of crimes.
Until 2007, telecommunications providers were permitted to retain only data required for billing purposes. This is not the case with location data and information regarding e-mails, for example. Customers could request the deletion of billing data as soon as the monthly invoice had been sent out. By using a flat rate, one could prevent the collection of traffic data altogether, which can be important for journalists, counselors and others.
What is the problem?
The current scheme regarding the collection of information about citizens' communication, movements and use of media constitute the greatest threat yet to our right to an independent and private life.
We are all suffering from data retention:
- Data retention constitutes an excessive invasion into our personal privacy.
- Data retention disrupts professional activities (e.g. in the fields of medicine, law, clergy, journalism) as well as political and business activities that rely on discretion. It ultimately harms our free society itself.
- Data retention doesn't prevent terrorism or crime. It is unnecessary and can easily be circumvented by criminals.
- Data retention violates the human right to privacy and informational self-determination.
- Data retention puts a financial strain both on businesses and consumers.
- Data retention discriminates against users of telephone, mobile phone and internet services in comparison to other means of communication. Data retention constitutes an excessive invasion into our personal privacy.
Current situation
Most EU member states have introduced data retention legislation while some have no such legislation in place. The European Commission is currently reviewing the data retention directive. We are lobbying for the abolition of the EU requirements
regarding data retention. Act now:
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